Missgönnender Neid

 

Hallo Du,

ich finde, dass gerade Du dieses Glück,

dass Du gefunden hast, nicht verdienst,

denn ich empfinde immer nach das Unrecht

das Du mir zugefügt und angetan hast.

Und es wäre mir eine große Genugtuung,

wenn es Dir dafür schlecht ginge,

mindestens so schlecht wie mir.

 

Ja, ich gebe es zu,

dieses Glück,

das Du gerade zu haben scheinst,

hätte ich auch gerne,

aber irgendwie schaffe ich es nicht,

es auch zu haben,

es zu bekommen,

es für mich zuzulassen.

 

Nein, ich gönne Dir dieses Glück nicht!

Es wäre schön,

wenn es gar nicht so wäre, wie es aussieht,

oder wenn es schnell wieder verschwunden wäre,

denn ich kann nicht verstehen,

wieso gerade Du soviel Freude und Spaß,

soviel Gnade und Wohlwollen erhalten solltest. 

 

Und indem ich das denke und empfinde, bemerke ich,

dass ich innerlich schimpfe und beschimpfe,

dass ich vergleiche, bewerte, gewichte,

  beurteile und verurteile,

dass ich in meinen Gedanken und Gefühlen

   Vergeltung suche und Selbstgerechtigkeit übe,

dass ich mich im Verborgenen räche,

   für die Kränkungen und Beleidigungen,

   für die Täuschungen und Enttäuschungen,

   für die Nichtbeachtung oder Zurückweisung,

   für das ‚Ausgenutzt werden’;

für das, was Du mir zugefügt hast,

für das, was ich zugelassen und nicht verhindert habe.

 

Aber mein Zorn und mein Hass,

   mein Neid und meine Missgunst

   meine Abneigung und meine Rache

befriedigen mich nicht

   und sie geben mir auch keine Genugtuung,

vielmehr verletze und entehre ich mich damit.

Ich kann mich nicht selbst

   für dieses Unrecht entschädigen;

ich kann es nicht selbst wiedergutmachen,

das könntest nur Du.

Aber das wirst Du nicht tun,

   denn auch Du bist stolz.

Ich kenne Dich gut genug um zu wissen,

dass Du einen Fehler nie eingestehen würdest,

nie um Entschuldigung dafür bitte würdest.

 

Und tief in meinem Inneren weiß ich,

dass Du es auch nicht musst,

auch nicht, wenn es für mich entlastend wäre,

denn Du bist Du und kannst tun,

was Du für richtig hältst,

   auch wenn ich es für falsch halte,

denn Du alleine,

musst das verantworten, was Du tust,

und ich das, was ich tue und wie ich mich verhalte.

 

Es steht mir nicht zu,

Dich dafür zu verurteilen und zu verdammen,

denn ich hätte es nicht zulassen dürfen,

ich hätte nicht nur reagieren, sondern agieren müssen,

ich hätte mich wehren und abgrenzen müssen,

ich hätte mein Problem mit Dir hartnäckig ansprechen

   und frühzeitig die Konsequenzen ziehen müssen.

 

Ich sollte mir das gönnen, was ich Dir missgönne.

Ich sollte Dich Deinen Weg gehen lassen,

   damit ich meinen wiederfinde.

Ich sollte

   zu meiner Liebe und Großzügigkeit,

   zu Ruhe und Gleichgewicht,

   zu Gelassenheit und Großmut zurückfinden

und das Unschöne vergessen.

Ich sollte meinen Stolz,

   meine Missgunst und mein Neid überwinden,

denn auch ich bin nicht fehlerfrei.

 

Schreibe einen Kommentar