Männliche Schubladen (2.Mak 15,38)
Den Männern zur Unterstützung und den Frauen zum Verständnis und zum Schmunzeln.
Ich bin ein Mann und das ist gut so! Und weil ich es nicht anders kenne, habe ich mich damit
abgefunden. Ich denke praktisch und lösungsorientiert in übergeordneten Strukturen. Am
liebsten groß: räumlich und zeitlich und überhaupt.
Alles was ich bisher durchlebt und durchdacht habe, wurde sorgfältig und übersichtlich in die
Schubladen meines alten, wackeligen, kostbaren und praktischen Schubladenschrankes
einsortiert. Leider ist dieser Schrank im Laufe der Zeit zu klein geworden. Leider haben sich
die Zeiten geändert. Leider haben sich viele Aufgaben des Mannes in schwierige soziale
Unterstrukturen hinein entwickelt.
Dieses Problem konnte ich als Mann natürlich (mit größerem Aufwand) lösen!
Man(n), muss ja schließlich konkurrenzfähig bleiben. Man(n), muss ja mitwachsen,
um seinen Status zu halten. Wer rastet, der rostet. Die Welt braucht gestandene Männer.
Klares, strukturiertes und konsequentes Denken und Handeln, Entschlusskraft und
Entscheidungsfreude, klare und deutliche Leitlinien, ein erfülltes (schubladengefülles) Leben.
Da kommt mir doch das völlig neue, supergut durchdachte und praktisch-normierte,
halbautomatisierte Baukastensystem gerade recht, das der Logistik des Frachtcontainer-
systems nachempfunden ist. Das ist die Zukunft. Das ist weltbewegend. Das ist der er beste
Mercedes aller bisherigen Ordnungs- und Orientierungssysteme. Das entspricht dem
differenzerten, abstrakten, technischen, manchmal auch weltfremden Denken unserer
Spezies.
Die kleinste Einheit in diesem neuen System sind Schachteln, die jetzt Boxen genannt
werden. Sie haben unterschiedliche, aber nicht beliebige Längen, Breiten und Höhen. Zehn
Boxen passen haargenau in eine Norm-Kiste, die etwa so groß ist wie ein Umzug-Karton. Auf
jeder Normkiste ist ein elektronisch erfassbares Label, das,
1. deren Inhalt mit den durchlebten Ereignissen ausweist,
2. deren Erkenntniswerte aufgrund der Lernergebnisse angibt,
3. den gegenwärtigen Lagerplatz benennt.
Diese Daten werden umgehend per Bluetooth in eine Excel-Übersichtsliste
übertragen, die sich nach Belieben umsortieren lässt.
Dreißig, (30), solcher Kisten, also 300 einsortierte Boxen passen genau in das dafür
konstruierte, anmutig aussehende Wandregal für das Wohnzimmer. Super!!!
Und falls das zu klein werden sollte: Es gibt in der ersten Ausbaustufe noch zwei weitere,
praktische und preisgünstige Kellerregale gleicher Größe, aber einfacherer Bauart. Damit
kann man(n) 90 Kisten mit 900 Boxen lagern. Super!!!
Und, sollte selbst das nicht ausreichen, gibt es als zweite Ausbaustufe einen lindgrünen ISO-
Großcontainer für den Garten, mit fast 68 Kubikmeter Rauminhalt und Platz für 1025
Normkisten. Den könnte man – bis zu seiner eigentlichen Zwecknutzung – auch als
geräumiges und robustes und kindergeeignetes Gartenhäuschen benutzen. Super!!!
Doch bevor ein falscher Eindruck entsteht: Wir Männer haben alles im Kopf! (Naja, fast
alles). Und was wir nicht so genau wissen, das behaupten wir einfach. (Natürlich auf der
Basis aller verlässlich gemachten, subjektiven Erfahrungen, zu denen wir stehen).
Und so wurde, was werden musste. Nach vollbrachter Umsortierung in neue
Schubladen/Boxen und Normkistenrüstung kann ich jetzt stolz sagen:
1. Die Anschaffungsauseinandersetzungen sind dank männlicher Durchsetzungskraft
überwunden.
2. An den lindgrünen Gartencontainer habe ich mich gewöhnt. Er ist zwar zweckentfremdet
mit Familienkrempel gefüllt, doch der Garten sieht ordentlicher aus, wenn die Frau ab und zu
herumliegende Kleinteile darin verstaut hat. Allerdings sind dann Einzelgegenstände kaum
noch zu finden, geschweige denn, zu erreichen. Zur Wahrung des Familienfriedens habe ich
(vorläufig) von einer Eigennutzung abgesehen.
3. Das anmutig aussehende, neue Wandregal aus dem Wohnzimmer kam aus
Kompromissgründen zu den beiden anderen neuen in den Keller.
Das Schöne, wird für Sommer/Winterbekleidung in 30 ordentlich beschrifteten Normkisten
benutzt.
Eines ‚meiner‘ beiden, praktischen Norm-Kellerregale wird als schnödes Regal für
unverderbliche Lebensmittelvorräte genutzt, allerdings kistenlos und ungeordnet (wegen der
angeblich schnelleren Auffindbarkeit).
Das letzte Regal aber habe ich mir mit großem Kraftaufwand zur Eigennutzung gesichert
(und muss immer noch dafür kämpfen). Statt der vorgesehenen 30 Kisten enthält es zurzeit
nur 3 Kisten, aber es könnten ja vielleicht mehr werden. Den noch freien Platz nutze ich für
meine Fitnessgeräte und für Urkunden, Pokale und Medaillen.
(P.S.: 27 leere Norm-Kisten mitsamt jeweils 10 Boxen sind ganz hinten, raumsparend und
ordentlich, im Gartencontainer einstapelt).
In diesen drei Kisten ist mein Erleben und mein Lebenswert konzentriert.
Die Suche nach dem Aufbewahrungsort ist bei drei Kisten überflüssig geworden, denn die
erlebten Ereignisse verblassen nach und nach. Doch deren Erkenntnisgewinn, meine
Lösungswege und Lösungsresultate, meine schlichten, männlichen Denk- und Handlungs-
vorteile, (die auch manchmal Nachteile sein können), verwahre ich gut. (Ich könnte sie ja
in Ausnahmesituationen vielleicht irgendwann mal als Beweise brauchen, wenn mir dann das
Heraussuchen nicht zu umständlich ist).
Ich bin eben, wie ich bin. Kann ich denn anders? Will ich das?
Lieber schnell entscheiden und damit abhaken, als vorsichtige, eiernde Unentschiedenheit.
Lieber frühzeitiges Vordenken, als zu spätes Nachdenken.
Besser schnelle 80 % – Lösungen, als gar keine.
Übrigens: Habe ich das schon gesagt? Ich habe eine wirklich gute und dauerhafte Beziehung
zu meinem, in Kisten verwahrten Schubladendenken. Es hat große Vorteile:
1. Es ist einfach.
2. Es gibt mir Halt und Sicherheit.
3. Es verschafft mir Vorsprung.
4. Es hilft mir, mich zu behaupten.
5. Es hilft mir, mein Leben zu gestalten – ohne mühsam in verwirrende Details eintauchen
zu müssen.
Selbstzufrieden stelle ich fest: Meine Beziehungskisten sind (meist) nüchtern und klar
strukturiert, ordentlich erfasst, katalogisiert und (fast) alle abschließend entschieden.
Sie passen in nur drei Normkisten mit 27 Unterboxen darin. (3 hat mein kleiner Sohn für sich
abgezweigt. Früh übt sich, … ! Den großen Rest im Gartencontainer werde ich ihm dann
vererben). Wenn da nur nicht die unberechenbaren Gefühle wären!?
Hätte ich gewusst oder auch nur geahnt, wie alles kommt, wäre ich ein freierer Mann und
wäre noch glücklich und zufrieden mit meinem alten Schubladenschrank, der leider in den
Sperrmüll gewandert ist – bis auf eine Schublade als schönes Andenken, in der ich heute
meine Bibel und mein Gottesbild verwahre. ( ; – ).
Und wenn es gut gelungen und geschickt geordnet ist, so war das meine Absicht.
Ist’s aber zu schlicht und einfach geraten, so habe ich doch getan, soviel ich vermochte.
(2.Mak 15,38)
