Eschborn, den 11.04.2021
Immer wieder Angst (1.Joh 4,18)
Hallo Du,
gestern hat mir ein 14jähriger Teenager erzählt, dass sie immer wieder Angst hat. Das hat
mich erschreckt. Da kann sie ja gar nicht froh und frei und unbelastet sein. Da ist sie ja
immer vorsichtig, zurückhaltend und gehemmt. Da versteckt sie sich lieber und traut sich
nichts zu. Und das alles ist auf Dauer nicht gut und hält sie bestimmt auch nicht gesund.
Natürlich hat das Ursachen, aber die kann man überwinden. Angst an sich ist nichts
Schlechtes. Angst weist darauf hin, dass etwas nicht stimmt, dass vielleicht Gefahr droht.
Wenn ich das näher betrachte, dann erkenne ich, dass die Angst immer dann kommt, wenn
man sich nicht sicher ist und/oder sich nicht sicher fühlt. Angst hat man auch, wenn etwas
unklar ist, wenn man über etwas nicht genug weiß, wenn man zu träge ist, einem Problem
auf den Grund zu gehen. Hierzu ein Beispiel:
Ich hatte als Schüler in der Mittelstufe immer Angst, am Anfang der Stunde bei der
Wiederholung dran zu kommen, geprüft zu werden und vor der Klasse zeigen zu müssen,
ob ich alles aus der letzten Stunde noch weiß und richtig verstanden habe. Wenn nicht, gab
es nicht nur eine schlechte Note, sondern auch noch die hämische Schadenfreude der
Mitschüler*innen.
Irgendwann war mir das zu blöd. Ich habe darüber nachgedacht und die Ursache für meine
Angst erkannt: Meine Faulheit. Das war die Wende. Angst ade! Seitdem habe ich zuhause
für den nächsten Unterricht gelernt. Ich habe mir meine Mitschrift durchgelesen und die
entsprechenden Seiten im Schulbuch. Ich gab der Angst keine Chance mehr. Am
Unterrichtsbeginn habe ich mich dann freiwillig gemeldet und den Lehrer damit ziemlich
überrascht. Das kannte er von mir nicht. Ich hatte mich bisher, wie die anderen, klein
gemacht, versteckt und so getan, als wäre ich gar nicht da. Und: Der Lehrer hat mich
drangenommen. Er wollte prüfen, ob mein Melden ein Trick ist. Aber, ich wusste alles.
Ich erhielt eine gute Note und was noch wichtiger war, eine große Freude und einen
motivierenden Triumpf über mein altes Verhalten.
Seit dem Tag habe ich das in allen Fächern gemacht. Ich habe meine Angst bei den Hörnern
gepackt und die Ursachen dafür (Trägheit, Faulheit und Unwissenheit) überwunden. Ich
wurde ein richtig guter und selbstbewusster Schüler! Und weil ich mich nun immer freiwillig
gemeldete, wurde ich immer seltener drangenommen, denn die Lehrer wussten jetzt, dass
ich gut vorbereitet war und suchten lieber Schüler aus, von denen sie dachten, dass sie den
Unterrichtsstoff nicht verstanden hatten. Und die fürchteten sich weiter vor den Lehrern,
vor schlechten Noten, eigentlich vor sich selbst.
Ein anderes Beispiel: Wenn ich als Kind ein schlechtes Gewissen hatte, habe ich mich auch
vor Gott versteckt, denn mir wurde eingetrichtert, dass Gott das Böse bestraft, sofort oder
später! Das hat er zwar nie getan, aber ich konnte nicht sicher sein, dass das so bleibt. Von
meinem Stiefvater dagegen war die Bestrafung sicher.
Aus dieser Zwickmühle bin ich erst viel später herausgekommen, nämlich als ich ganz
bewusst Christ wurde und Gott (durch Jesus) besser kennengelernte. Aus der Bibel und von
freundlichen Christen habe ich gelernt, was Lieben und Vergeben wirklich bedeutet und an
mir vermag.
Gott weiß, wie unvollkommen ich bin (wir alle sind). Und er weiß auch warum. Deswegen
steht bei ihm nicht die Strafe im Vordergrund, sondern unser freiwilliges Dazulernen. Das
Annehmen der ehrlichen und kritischen Hinweise von Menschen, bei denen ich sicher bin,
dass sie mir nicht schaden wollen. Deren wohlmeinende Argumente sind hundertmal
sinnvoller als eine Ohrfeige. Und eine verständnisvolle Umarmung ist tausendmal
effektiver, als überstrenges, erbarmungsloses Verprügeln.
Als Christ brauche ich keine Angst mehr zu haben, weil ich gelernt habe, das Richtige zu
denken und zu tun. Trotzdem mache auch ich manchmal noch das Falsche, selten
absichtlich, häufiger unbeabsichtigt. Doch dann verstecke ich mich nicht. Ich lasse mich
auch nicht mehr von einem schlechten Gewissen quälen, sondern bekennen das Falsche
offen und ehrlich im Gebet. Ich übernehme die Verantwortung dafür, bereue es und bitte
Jesus um Hilfe, dass ich es künftig nicht mehr tue. Es ist unglaublich, er hilft tatsächlich,
irgendwie, immer wieder. Nicht so, wie ich es vielleicht hoffe, aber immer so, wie es für ihn
richtig ist. Ich kann immer wieder nur über seine Weisheit und Weitsicht staunen,
dazulernen und ihm danken. Mehr noch: Er vergibt immer wieder, wenn ich Fehler vor ihm
zugebe und sie ehrlich bereue. Er vergibt, weil er wirklich liebt und weil er schädigende
Ängste verhindern möchte. Er vergibt, damit wir gerne auf ihn hören, allmählich liebevoller
werden und uns seiner Liebe, Hilfe und Unterstützung sicher sind! Und tatsächlich: Er ist
immer da. Er passt immer auf uns auf. Und das, macht uns sicher, froh und zuversichtlich.
Auf ihn ist Verlass. Deswegen bin ich gerne Christ!
Wo die Liebe regiert, hat die Angst keinen Platz; ´Gottes` vollkommene Liebe vertreibt jede
Angst. Angst hat man nämlich dann, wenn man mit einer Strafe rechnen muss. Wer sich
also noch ´vor dem Gericht` fürchtet, bei dem ist die Liebe noch nicht zum vollen Durchbruch
gekommen. (1.Joh 4,18; NGÜ)
