Herr, lehre uns beten (Lk 11,1)
Und es begab sich, dass Jesu an einem Ort war und betete.
Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm:
Herr, lehre uns beten. (Lk 11,1)
Hallo Du,
beten hat mein Leben verändert. Deines auch?
Leider gab es in meinem Leben eine lange Zeit nach der Kindheit,
in der ich das Beten ‚vergessen‘ hatte, in der ich Gott vergessen hatte,
in der ich meinen Glauben an ihn, durch den Glauben an mich ersetzt hatte.
Das war keine bewusste Entscheidung, sondern es hat sich einfach so ergeben.
Vielleicht deswegen, weil ich meine Eltern nie beten sah.
Vielleicht deswegen, weil ich auch sonst niemand kannte, der betete.
Wahrscheinlich auch deswegen, weil mir die hohe Bedeutung von Beten unbekannt war.
Und damit war auch ich kein gutes Vorbild für meine Kinder.
Aus der tiefen Erkenntnis von der Wirksamkeit des Betens,
geläutert durch viele, erstaunliche Gebetserhörungen,
inspiriert durch das Vorbild des regelmäßig betenden Jesus
und durch das Gebet, dass er seinen Jüngern gab,
schreibe ich heute, aus tiefer Dankbarkeit, über das Beten,
in der Hoffnung, dass es auch für ‚Noch-nicht-Beter‘ zur Lebensbasis werde.
Das ‚Vater unser‘
Das ‚Vater unser‘ in Mt 6,9-13 ist nicht nur das Grundgebet der Christen,
sondern es zeigt gleichzeitig auch ein einfaches Gebetsmuster.
Gott wird direkt angesprochen.
- Er wird als alleiniger Gott anerkannt.
- Bitten werden ihm, auf Erfüllung hoffend, vorgetragen.
- Dankend werden seine Kraft, Macht und Güte gepriesen.
- Das Gebetete wird mit einem ‚Amen‘ bekräftigen,
das nicht nur ‚So soll es sein‘ bedeutet, sondern mehr noch:
Ich mache mich fest in dir, Gott! Ich verankere mein Sein und Werden in dir!
Ich richte mich ganz auf dich, Gott, aus.
Wer ist dieser Gott, mit dem ich im Gebet spreche?
Das ist nicht irgendjemand, sondern es ist der Schöpfer von Himmel und Erde, und allem,
was darin ist, auch der von uns. Er ist der allmächtige Gott, dem nichts unmöglich ist.
Er ist uns immer nah ist, auch wenn uns das nicht bewusst ist. Wir sind von ihm nur ein
Gebet entfernt.
Beim Beten reden wir mit dem Allerhöchsten. Ihm direkt tragen wir unsere Gedanken,
unsere Bitten, Sorgen oder Freuden vor. Und ihm danken wir dafür, dass er uns liebt und
sich um uns kümmert, dass er unsere Gebete hört und etliche Bitten auch erfüllt. Dafür
verehren, loben und preisen wir ihn. Dafür lieben wir ihn!
Der Psalm 150 spricht seinen Rang deutlich aus:
Halleluja! Lobt Gott in seinem Heiligtum, lobt ihn im Himmelsgewölbe,
das seine große Macht zeigt!
Lobt ihn für seine gewaltigen Taten, lobt ihn, denn seine Größe ist unermesslich!
Alles, was atmet, lobe den Herrn! Halleluja!
Was ist Beten?
Jedes an Gott gerichtete Reden ist beten, ausgesprochen oder gedacht.
Wir vertrauen uns Gott an und er hört gerne zu.
Ja, er kommt uns beim Beten sogar freudig entgegen.
Beten geht davon aus, dass Gott ist und uns aus Liebe hilft.
Beten ist, Gott anerkennen.
Beten lädt Gott ins eigene Leben ein.
Beten ist, an Gott glauben und auf ihn hören.
Beten ist somit Gottvertrauen, sich Gott anvertrauen und Gott alles zutrauen.
Beim Beten nehmen wir uns Zeit für Gott und konzentrieren uns ganz auf ihn.
Beten richtet sich in allen Lebenslagen an Gott.
Beten ist spontan, ehrlich und aufrichtig.
Beten ist ein Anbeten; es ist hoffen und danken.
Es ist bitten für andere und für sich selbst.
Es ist klagen und Sorgen loswerden, Beistand suchen oder Freude teilen.
Es ist, Gott loben und preisen. Es ist unsere Antwort auf die von ihm erwiesene Gnade.
Und wenn uns etwas ganz besonders am Herzen liegt, dann Beten wir dafür ohne Unterlass.
Für andere zu beten, ist handelnde Nächstenliebe, ist wohltuende Beziehungspflege und ist
Gemeinschaft bildend.
Beten zeigt Vertrauen und verbindet immer stärker mit Gott.
Beten bedeutet auch, sich immer wieder neu zu Gott zu bekennen.
Beten ist gelebte Gottesbeziehung und Liebesbeweis.
Beten ist keine Einbahnstraße, es ist Zwiesprache mit Gott.
Im Beten und Bitten wird Gottes Wille mit dem des Menschen zusammengebracht.
Das passt oft nicht zusammen. Deswegen sind Gottes Antworten entweder die erhoffte
Gebetserhörung, die an Ereignissen deutlich wird, oder aber nur Schweigen, wobei
Schweigen ja auch eine Antwort ist.
Dann war das Bitten wohl nicht nach Gottes Willen, also nicht gut für uns.
Bei Fragen, schießen uns vielleicht beantwortende Gedanken durch den Kopf
oder uns fallen passende Bibelstellen ein. Manche Antwort erhalten wir indirekt über Mitmenschen.
Sicher ist: Gott hört jedes Gebet. Er erhört es auf seine Weise.
Nach Paulus ist Beten noch mehr. Es ist, sich an Jesus Christus auszurichten. (Kol 1,16)
Was geschieht beim Beten?
Beim Beten öffnen wir uns für Gott.
Wir bitten ihn, in unser Leben zu kommen und uns zu begleiten.
Indem wir uns an ihn wenden, erkennen wir ihn als Übergeordnet an,
als den, von dem wir uns gerne etwas sagen lassen und es auch befolgen.
Beim Beten wird Gott uns zum Vertrauten, zu einem liebenden Vater,
der sich rührend um sein Kind kümmert und für es sorgt.
Unser Beten und Bitten drückt sich, je nach Situation, in verschiedener Weise aus:
Es ist u.a. dringlich, beharrlich, anhaltend, anflehend, erweichend, klagend, Schuld
bekennend, bereuend, trauernd, anbetend, bewundernd, Freude bekundend oder
Gott preisend. Spontan zeigen wir aufrichtige Gefühle und sind echt wie Kinder.
Und, wir harren aufmerksam, geduldig hoffend und vertrauend, auf sein gütiges Antworten,
auf Hilfe, Beistand, Rat, Lenkung, Kraft, Fügung oder Änderung. Das macht Christen zu
Optimisten, sie sind erwartungsfroh wie Kinder. Und sein anschließendes Wirken verstärkt
die Beziehung zu ihm, sodass Glaube und Gottvertrauen immer weiter wachsen.
Beim Beten ist man auch ehrlich mit sich selbst. Man prüft sich und reflektiert sein eigenes
Tun und Verhalten an Gottes Wort. Dabei erkennt man eigene Mängel und Stärken und auch
die eigene Mitverantwortung für das Geschehen.
Nur wer seine Urteilsfähigkeit am Wort Gottes geschult hat, der kann auch zwischen
Gut und Böse unterscheiden. (Hebr 5,14; HfA)
Und oft schon ordnen sich beim betenden Formulieren die Gefühle und Gedanken und neue
Sichtweisen entstehen. Es geschieht eine Klärung, die erleichternder Erkenntnis bewirkt.
Wir sehen das Geschehen immer klarer aus dem Blickwinkel Gottes.
Beten und erfolgte Gebetserhörung motivieren unser Hoffen. Beides verstärkt den Glauben
und das Gottvertrauen. Wir werden uns seiner Liebe sicher und zuversichtlich in sein Geben.
Das mobilisiert ungeahnte Kräfte, z.B. Durchhaltekraft, Geisteskraft, Gestaltungskraft,
Lebenskraft, Schaffenskraft, Spannkraft oder Tatkraft, auch die Widerstandskraft und
Selbstheilungskraft, auch die Liebesfähigkeit, die Geduld, die Zuverlässigkeit und die Treue.
Vertrauendes Beten ist auch Selbsthygiene. Es ist wie entlastendes Beichten oder wie ein
weitendes, tiefenwirksames Seelsorgegespräch. Es reinigt, ermutigt und erbaut, es gibt Halt
und Sicherheit, Hoffnung und Zuversicht, es ist heilsam und vieles mehr.
Beim Beten offenbaren wir Gott aber auch unsere Unzufriedenheit,
z.B. die mit dem Geschehen in der Welt, die, mit Mitmenschen oder die, mit sich selbst.
Wir geben Anspannung, Ängste, Hilflosigkeit und Ohnmacht zu.
Wir lichten das Verborgene, Belastende und Lähmende und übergeben es Gott, dass er das
bereinigt, was uns überfordert. Und, wir bitten um Kraft und Weisheit, nur das zu denken
und zu tun, was uns nicht schadet. Das schützt uns vor Überforderung und öffnet uns für
neue, ungewöhnliche oder gar ungeliebte Möglichkeiten.
Wie geht beten?
Jedes ‚Sich an Gott wenden‘ ist Beten.
Und wer betet weiß, dass er mit seinem allmächtigen, allgegenwärtigen, alles Wissenden
und liebenden Schöpfer spricht.
Meist wendet man sich an Gott, weil man etwas von ihm will und man hofft darauf, dass
man es auch bekommt. Deswegen kann man auch schon direkt nach dem Bitten danken
und Gott für seine Güte, Gnade und Liebe rühmen.
Grundsätzlich kann jeder kann so beten, wie ihm „der Schnabel gewachsen ist“.
Gott hört und versteht alle, die sich an ihn wenden. Er sieht ihnen ins Herz und erkennt
darin ihre Not und Motivation.
Weitere Aussagen findet man u.A. in Mt 6,9-15.
Und wenn wir einmal nicht wissen, wie wir beten sollen,
vielleicht, weil wir gerade sprachlos sind, aufgebracht, enttäuscht oder voller Zweifel,
dann können wir das uns von Jesus gegebene Gebet, das ‚Vater unser‘ beten,
damit werde, was Gottes Wort verspricht:
„Der Herr ist denen nahe, die zu ihm beten und es ehrlich meinen.“ (Ps 145,18)
Und, wir bekommen in der Bibel mehrfach feste Zusagen, dass unser Beten erhört wird.
So heißt es beispielsweise in 1.Joh 5,14-15; NGÜ:
´Wer an Jesus glaubt`, kann sich voll Zuversicht an Gott wenden; denn wenn wir ihn
um etwas bitten, was seinem Willen entspricht, erhört er uns.
Und weil wir wissen, dass er unsere Bitten erhört, können wir sicher sein, dass er uns
das Erbetene gibt – so sicher, als hätten wir es bereits bekommen.
Darum soll jeder, der dir Gott treu ist, zu dir beten. Und er darf erleben: Selbst, wenn die Not
ihn bedrängt wie eine gewaltige Flut – sie wird ihm nicht schaden können. (Ps 32,6)
Für Gläubige ist Beten vielleicht selbstverständlich, weil es ihnen ‚in Fleisch und Blut‘
übergegangen ist. Gottferne Menschen aber haben eine keine Ahnung von den Dimensionen
und der Kraft und der Bedeutung des Betens. Für sie ist dieser Beitrag gedacht.
Ich beende diesen Beitrag mit den Worten von Paulus in Kol 1,9-11:
Deshalb hören wir auch seit dem Tag, an dem wir vom Evangelium erfahren haben, nicht auf,
für euch zu beten. Wir bitten Gott, dass er euch durch seinen Geist alle nötige Weisheit und
Einsicht schenkt, um seinen Willen in vollem Umfang zu erkennen.
Dann könnt ihr ein Leben führen, durch das der Herr geehrt wird und das ihm in jeder
Hinsicht gefällt. Ihr werdet imstande sein, stets das zu tun, was gut und richtig ist, sodass
euer Leben Früchte tragen wird, und (ihr) werdet Gott immer besser kennen lernen.
Er, dem alle Macht und Herrlichkeit gehört, wird euch mit der ganzen Kraft ausrüsten, die ihr
braucht, um in jeder Situation standhaft und geduldig zu bleiben.
Danke Herr, dass du uns das Privileg gegeben hast, dich im Beten direkt anzusprechen.
Wir richten uns ganz auf dich aus! Mache unseren Willen deinem gleich.
Amen.
