Gerechtigkeit ?

 

Hallo Du,

nun habe ich es nach vielen Jahren verstanden,

und es schmerzt mich durch und durch festzustellen:

Es gibt keine Gerechtigkeit auf der Erde,

denn jeder Mensch sieht und empfindet anders.

 

Stattdessen gibt es aber jede Menge Ungerechtigkeit,

die wir aber nur ertragen können,

wenn wir an unserer naiven Vorstellung von Gerechtigkeit,

nein, an der Hoffnung auf Gerechtigkeit festhalten.

 

Täglich werden im Namen der Gerechtigkeit

viele Menschen bedrängt, gepeinigt und verletzt,

einige sogar getötet oder hingerichtet.

Es ist das Recht des Stärkeren,

   der Mächtigen oder einer Mehrheit,

das ständig gegen das Recht des Einzelnen

   auf ein menschengerechtes Leben,

   auf eine eigene Meinung,

   auf Anstand und Ehrlichkeit,

   auf sein Recht zu sein,

durchgesetzt wird.

 

Nein, es gibt keine Gerechtigkeit in dieser Welt,

aber sehr viele selbstgerechte Menschen,

die glauben -, die fest davon überzeugt sind,

dass ihre Sichtweise, ihre Ansicht,

ihr Rechtsverständnis und ihre Rechtsauffassung,

ihr Maßstab und ihr Verhalten richtig und gerecht ist.

 

In diesem unüberschaubaren Durcheinander

von Egoismus, Subjektivität und Vorteilnahme

versuchen menschliche Gesetze Ordnung zu schaffen

und ein gewisses Maß an Gerechtigkeit zu gewährleisten,

doch gemessen an dem individuellen Wunsch,

dass uns und unserem Wesen,

   gerade in den einfachen Dingen,

Gerechtigkeit widerfährt,

ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

 

Niemand wird bestraft,

wenn er Versprechungen nicht einhält,

wenn er andere belügt,

wenn er die Gefühle anderer verletzt,

wenn er schlecht über andere spricht.

 

Entweder, wir passen uns an,

   werden auch negativ und halten mit,

oder, wir lernen daraus,

   weniger zu glauben,

   weniger zu vertrauen,

   weniger zu hoffen,

   weniger zu lieben,

   uns mehr zu schützen

   und uns immer stärker zu verschließen!

So oder so,

   wir verlieren immer.

 

Doch glücklicherweise liegt

   im Unrecht das Recht,

   in der Ungerechtigkeit die Gerechtigkeit,

   im Umweg der Weg.

Es gibt eine höhere Gerechtigkeit,

die den Schädigern solange schadet,

bis sie auf den rechten Weg zurückfinden.

 

In der Ungerechtigkeit

   vergeht sich der Mensch gegen sich selbst.

Er verletzt und verrät

   seine Gefühle, sein Gewissen, sein Wesen

   und seine ursprüngliche Liebe.

Dadurch verändert sich sein Verhalten

   immer weiter zum Negativen,

   zum Unwohlsein, zum Krankhaften,

   zur Unruhe, zum Getrieben sein,

   zur Maßlosigkeit und zum inneren Unfrieden.

 

Der Teufelskreis

von Überheblichkeit und Verletzung,

von Ungerechtigkeit und Vorteilnahme,

von Selbstlüge und Beschönigung

schaukelt sich auf,

bedrängt, bedrückt und isoliert ihn,

führt ihn zum Niedergang,

zum Zusammenbruch,

zur Umkehr

   und zum Neuanfang.

 

Diese göttliche Gerechtigkeit

   ist gewiss und unvermeidbar.

Auch wenn sie anderen viel Leid bringt,

so führt sie doch beide,

   den Schuldiger wie den Erleidenden,

   den Täter und das Opfer,

zu Gott,

zur Wahrheit,

zum eigenen Selbst,

zur Liebe in uns und um uns.

 

Beide müssen sich überwinden

und das Höhere, Stärkere,

Weitergehende und Göttliche akzeptieren,

sich ihm unterordnen,

sich von ihm bestimmen lassen,

sich von ihm lieben zu lassen.

 

Es sind die Stärkeren, die leiden müssen,

die den Schmerz im Herzen aushalten

   und überwinden können;

und es sind die Schwächeren,

   die Ihre Seele verstecken,

   die ihre Schuld nicht zugeben können,

   die Schmerzen zufügen, erneut verletzen,

   ihre Tat verdrängen und nicht wahr haben wollen.

Der Starke wächst im Überwinden,

der Schwache braucht immer neue Gelegenheiten,

   um sich ohne Entschuldigung und Gesichtsverlust

   zu ändern und zu bessern.

 

Reue, Unrecht einzugestehen,

Buße, Unrecht wieder gut zu machen

und

Großmut, Unrecht zu vergeben,

sind Bestandteile derselben Liebe,

aus der wir sind, die uns verbindet

   und die die Ungerechtigkeiten langfristig ausgleicht.

 

Enttäuschung, Wut, Zorn, Hass,

Rache und Selbstgerechtigkeit,

verletzen um der Verletzung willen,

Auge um Auge, Zahn um Zahn,

ja selbst der Wunsch nach Gerechtigkeit

sind überflüssig, denn es gibt Gott,

dessen Gerechtigkeit alles gerecht richten wird.

 

Auch wenn wir – anscheinend –

   nichts von unserem Leid haben,

   noch nicht einmal Genugtuung,

in Gottes weitsichtigem Plan

haben wir damit Großes geleistet,

denn wir waren sein Werkzeug

   und haben an seinem Reich mitgebaut,

zum Wohle eines anderen,

zu dessen Errettung.

 

Darum,

liebe Deine Feinde

und sei dankbar

   für die Ungerechtigkeit.

 

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