Eschborn, den 5.06.2019

 

Es kommt darauf an, was alles man glaubt!   (Mt 21,18-22)

 

Hallo Du,

eines meiner Schäfchen leidet (noch) unter extremen seelischen Berg- und Talfahrten

(die ich von früher selbst kenne). Kürzlich schilderte sie mir ihre Verzweiflung, in der ihr

Widerspruch deutlich wurde. Hoffend sagte sie den kurzen Glaubenssatz: „Ich schaffe das!“,

aber jammernd zeigte sie den Glaubenssatz: „Ich schaffe das nicht mehr“!


Daran wurde mir wieder einmal deutlich, wie eng unser Glauben, Reden und Denken

verbunden sind und dass diese Verbindung stimmig sein sollte, denn alles was wir glauben,

alles was wir still denken oder laut sagen, hat für uns Folgen. Es ist nicht nur eine momentane

Regung, sondern es richtet uns auch aus!

 

Ihr Widerspruch erinnert mich an Mk 9,23-24, wo ein liebender Vater Jesus um Heilung für

seinen epileptischen Sohn bittet und seine Bitte zweifelnd beginnt mit „Wenn du kannst“,

„Wenn es dir möglich ist“. Jesus aber antwortet ihm: „Alle Dinge sind möglich dem, der da

glaubt“. Und der Vater weiß nicht, ob Jesus sich oder ihn meint.

 

In seiner Seelennot zwischen Hoffen und Bangen ruft der Vater dann: „Ich glaube; hilf

meinem Unglauben!“ Das bedeutet für mich: ‚Bitte helfe meinem Sohn und auch meinem

Unglauben. Der Vater bittet Jesus um Glauben; darum, dass er Jesus vertrauen kann.

Und Jesus überzeugt ihn durch die Heilung seines Sohnes.

Ihr Widerspruch führt mich auch zu dem aufgebrachten, fast zornigen Jesus in Mt 21,

wo er sich seinem Wesen nach, scheinbar widersprüchlich verhält. Und ich verstehe den

Text beim Lesen plötzlich anders:

 

‚Als Jesus am nächsten Morgen nach Jerusalem zurückkehrte, hatte er das Bedürfnis,

seinen Jüngern das zuvor Geschehene anschaulich zu verdeutlichen. Am Wegrand sah

er einen unsicheren, feigen Menschen. Er ging hin, fand aber nichts als Zweifel und

Irrglauben an ihm. Da sagte Jesus zu ihm: »Du wirst in Zukunft nie wieder glücklich sein!«

Im selben Augenblick fühlte sich der arme Mensch erkannt und bestätigt und er brach

vollends zusammen.

Als die Jünger das sahen, fragten sie erstaunt: »Wie kommt es, dass dieser Mensch so

plötzlich jegliche Hoffnung und Haltung verloren hat?«

Jesus erwiderte: »Ich versichere euch: Wenn ihr Gott vertraut und nicht zweifelt, könnt ihr

viel mehr erreichen als dieser. Ihr könnt sogar zu den Bergen in euch und vor euch sagen:

›Hebe dich weg und stürze dich ins Meer!‹, und es wird geschehen.

Ihr werdet alles bekommen, wenn ihr Gott im Glauben (vertrauensvoll und zuversichtlich)

darum bittet‘. (Nach Mt 21,18-22; HfA – Originaltext siehe Ende)

 

Es kommt also nicht nur darauf an, ob wir glauben und wem wir glauben, sondern auch

darauf, was wir glauben, wovon wir überzeugt sind, welche viele gelernte, übernommene

oder selbstgefundene Glaubenssätze uns leiten.

Das ist deswegen so wichtig, weil solche Glaubenssätze uns aus dem Unterbewusstsein

lenken, hemmen oder befähigen. Sie bestimmen unsere ‚Denk-Wirklichkeit‘ und unsere

‚Erlebens-Realität‘ und damit auch unseren Lebensweg, unsere Werte und Ziele.

Sie beein­flussen unser Wahrnehmen und Handeln. Sie entscheiden, wie wir die Geschehnisse

in der Welt und unsere Mitmenschen sehen. Sie entscheiden auch darüber, wie wir leben und

fühlen, wie wir mit Herausforderungen umgehen und wie wir uns verhalten. Kurz gesagt:

An was wir glauben, gestaltet unsere Gegenwart und Zukunft und damit unser Leben!

Unsere vielen Glaubenssätze gestalten uns, unsere Gegenwart und Zukunft.

 

Diese Glaubenssätze sind unsere Lebensregeln. Es sind kurze Sätze mit prägendem Inhalt.

Es sind individualisierte Leitlinien. Es sind verinnerlichte Erinnerungs- und Merkregeln,

Setzungen, fürs eigene Denken, Fühlen, Verhalten und Tun. Sie stammen aus eigener

oder fremder Lebenserfahrung. Sie bestehen aus für richtig befundenen Weisheiten.

Sie dienen uns zum Halt und zur Wegweisung. Damit ähneln sie allgemeingültigen, volkstümlichen und belehrenden Sprichwörtern, wie beispielsweise:

 

Aus Fehlern lernt man.                      Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.

Lügen haben kurze Beine.                 Ehrlich währt am längsten.

Hochmut kommt vor dem Fall.           Des Menschen Wille ist sein Himmelreich!

Angriff ist die beste Verteidigung.       Jeder ist seines Glückes Schmied.

Der frühe Vogel fängt den Wurm.      Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.

Eine Hand wäscht die andere.           Aus nichts wird nichts.

Lieber stumm als dumm!                  Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!

Morgen, morgen nur nicht heute, sagen alle faulen Leute.

 

Glaubenssätze

Wir glauben an Logik; daran, dass jede Ursache eine Wirkung hat; daran, dass jedes Erlebnis

irgendeine (bleibende) Wirkung auf uns hat und wir glauben auch, dass wir uns mehr schöne

Momente schaffen oder uns vor heiklen Ereignissen bewahren können, wenn wir den

Zusammenhang erkennen, wenn wir aus dem Geschehen etwas lernen, für die Zukunft

einen Merksatz, einen Glaubenssatz, eine Lebensregel speichern. Beispielsweise:

 

Ich habe mir wieder einmal den Kopf angestoßen.

Die Merkregel könnte sein: Ich muss mehr aufpassen!

 

Oder: Wäre ich nicht zu der Party gegangen, hätte ich mich nicht betrunken.

    Der Merksatz könnte sein: Partys sind nicht gut für mich!

Oder: Ich wurde bestraft, weil ich die Wahrheit gesagt habe.

    Die Lebensregel könnte sein: Es ist besser, den Mund zu halten!

 

Und weil wir oft nicht zwischen richtig oder falsch bzw. zwischen gut oder schlecht

unterscheiden können, sammeln sich in unserem Achtungs-Gedächtnisspeicher positive

und negative Glaubenssätze an.

Auch ist dem Gehirn egal, ob ein Merksatz, ein Glaubensvorsatz aus Fremderfahrung oder

aus eigener Erfahrung kommt oder ob er nur eine eigene Absichtserklärung ist. In der Praxis

wird sich dann ja zeigen, wie sinnvoll die gesetzte Lebensregel ist.

 

Negative Glaubenssätze, also Lebensregeln, Überzeugungen, Einstellungen und Meinungen,

richten uns langfristig falsch aus und schränken uns ein. Beispiele dafür sind u.a.:

 

Die Welt ist schlecht!             Es gibt keinen Gott!

Das kann ich nicht!                 Niemand liebt mich!

Ich kann nicht anders.            Ich habe zwei linke Hände!

Ich bin an allem schuld.         Glaube ist Unwissen!

Ich gebe auf!                          Was ich anfasse geht schief!

Ich zuerst!                              Nach mir die Sintflut!

 

Positive Glaubenssätze, also Lebensregeln, Überzeugungen, Einstellungen und Meinungen,

entstehen in Glücksmomenten, beim Gelingen, Bestätigung finden oder Gelobt werden.

Sie weiten, ermutigen und stärken uns. Beispiele dafür sind u.a.:

 

Ich bin mutig und stark!                                Das traue ich mir zu!

Das kann ich lernen!                                     Hilfe ist nah!

Das Leben hat auch schönen Seiten!               Freude kräftigt!

Lachen ist gesund!                                        Spaß muss sein!

Jammern bringt nichts!                                  Aufstehen und Weitergehen!

Konzentration ist Kraftbündelung!                   Gott ist nur ein Gebet weit entfernt!

Das Leben geht weiter!                                 Wehre den Anfängen!

Beten hilft!     Gott ist gerecht!                       Gott liebt mich!     Gott ist immer da!

Für den, der glaubt, ist alles möglich!              Mit Gottes Hilfe kann ich Berge versetzen!

 

Wie ist unsere Sichtweise?

Wir sehen die Welt durch die Brille der Ansichten, die wir uns zugelegt haben. Sehen wir in ihr

das Positive, dann ist unsere Denk-Welt überwiegend positiv. Sehen wir das Negative, dann ist

unsere Denk-Welt überwiegend negativ.

 

Die Erfahrung, dass einige unserer Lebensregeln uns in Schwierigkeiten bringen lehrt uns,

dass unsere Glaubenssätze sehr subjektiv sind und deswegen auch falsch sein können.

Das ermöglicht uns umzulernen, uns neue, bessere Lebensregeln zuzulegen, reifer zu werden.

Weil es im Leben vorrangig um unseren Schutz und um unser Bestehen in einer schwer zu

durchschauenden Welt geht, sind Bücher zur Lebenshilfe oder als Lebensratgeber sehr gefragt.

Wir ‚glauben‘, sie enthalten abgesicherte und erprobte Lebenserfahrungen.

Einige davon habe ich früher auch gelesen, doch rückwirkend gesehen, waren sie wenig hilfreich.

Sie gingen nicht an die Wurzel meiner Schwierigkeiten und sie hatten nicht die Autorität, mich

davon dauerhaft zu befreien und zu verändern.

Sie enttarnten nicht falsche Lebensgrundsätze, unreflektierte Lebenseinstellungen, schräge

Glaubenssätze, schöngemalte Wunschvorstellungen, Wunschwerte und Wunschziele oder

die verfestigte Persönlichkeit.

 

Als Jesus mich zu sich rief und ich mehr über ihn erfahren wollte, begann ich in der Bibel zu lesen,

im Buch der Lebensweisheiten. In ihr fand ich neue, wirksame, völlig andersartige Glaubenssätze

und Lebensregeln. Durch sie wurde ich ein anderer Mensch. In ihr fand ich wahre Weisheiten, gute

Glaubenssätze und aus ihnen Selbsterkenntnis, Veränderung, Liebesfähigkeit, Ausgeglichenheit

und Frieden.

 

Das ‚Vater unser‘ und das Glaubensbekenntnis enthält viele einzelne Glaubensätze.

Die zehn Gebote sind Glaubenssätze pur. Sie enthalten drei Kernelemente:

1. Es gibt jemanden über uns, nämlich Gott, dem wir Rechenschaft schuldig sind!

2. Achte und liebe deine Mitmenschen!

3.Tue nichts Unrechtes!

 

Diese Glaubenssätze werden noch verdeutlicht:

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit aller deiner

Kraft und mit deinem ganzen Verstand! Und: Du sollst deine Mitmenschen lieben wie dich selbst!

(Lk 10,27; NGÜ)

 

Was Liebe beinhaltet, wird u.a. in den Glaubensätzen von 1.Kor 13 und Gal 5,22 gesagt:

Liebe ist geduldig, Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid, sie spielt sich nicht auf,

sie ist nicht eingebildet. Sie verhält sich nicht taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil,

sie verliert nicht die Beherrschung, sie trägt keinem etwas nach. Sie freut sich nicht, wenn

Unrecht geschieht, aber wo die Wahrheit siegt, freut sie sich mit. Alles erträgt sie, in jeder

Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand. (1. Kor 13,4-7; NGÜ)

Die Frucht, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld,

Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. (Gal 5,22; NGÜ)

Behandele die Menschen stets so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest. (Mt 7,12;HfA)

Das meint: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu!

Daraus ist meine oberste Lebensregel entstanden, an der ich mich orientiere:

Messe alles was du denkst, sagst und tust am Maßstab der Liebe!  –  Amen.


 

Mehr zu Mt 21

Jesus zieht unter dem Jubel der Menschen in Jerusalem ein. Viele Leute breiteten ihre Kleider als

Teppich vor ihm aus, andere rissen Zweige von den Bäumen und legten sie auf den Weg. Vor und

hinter ihm drängten sich die Menschen und riefen: »Gelobt sei der Sohn Davids, ja, gepriesen sei,

der im Auftrag des Herrn kommt! Gelobt sei Gott hoch im Himmel!«

 

Das war Anerkennung und Anbetung pur. Aber nicht alle glaubten so.

 

Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler und Käufer hinaus, stieß die Tische der

Geldwechsler und die Stände der Taubenverkäufer um und rief ihnen zu: »Ihr wisst doch, was

Gott in der Heiligen Schrift sagt: ›Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein‹, ihr aber macht eine

Räuberhöhle daraus!«

 

Er prangert die falschen Glaubenssätze die Tempelhändler an, deren Sinnen allein auf den Mammon,

auf Geld und Gewinn ausgerichtet ist. Ihre Einstellung ist: Ich bin clever. Sünder hoffen auf Vergebung

und zahlen auch mehr. Das nutze ich zu meinem Vorteil.

 

Noch während Jesus im Tempel war, kamen Blinde und Gelähmte zu ihm, und er heilte sie.

 

Jesus zeigt: Gottes Hilfe ist kostenlos. Niemand wird übervorteilt. Wer ihn, Jesus, um etwas bittet,

dem wird tatsächlich geholfen. Die Bittsteller erhalten, um was sie bitten, was ihnen wirklich wichtig

ist, nämlich Befreiung von ihrer Last, körperliche, seelische und geistige Heilung und damit verbunden,

Bestätigung ihrer Hoffnung, Belohnung ihres Glaubens, neues Gottvertrauen, erneuerte

Gottverbundenheit sowie kräftigenden inneren Frieden. Sie lernen: Jesus hat Erbarmen! Wer ihn bittet,

dem wird gegeben! Wer bei ihm anklopft, der ist willkommen! Das alles sind Glaubenssätze.

Jesu Liebe, macht nicht nur dankbar, sondern sie ermöglicht wieder eigene Liebe, eigene Freude und

Freundlichkeit, Geduld mit anderen und sich selbst, gütiges Verhalten, treue Verbundenheit,

rücksichtsvolle Aufmerksamkeit und Selbstbeherrschung dafür etwas zu sagen oder zu tun, was

schädlich ist. Das ist eigene Erfahrung.

 

Als Jesus am nächsten Morgen nach Jerusalem zurückkehrte, hatte er Hunger. Am Wegrand sah er

einen Feigenbaum. Er ging hin, fand aber nichts als Blätter an ihm. Da sagte Jesus zu dem Baum:

»Du sollst in Zukunft nie wieder Feigen tragen!« Im selben Augenblick verdorrte der Baum. Als die

Jünger das sahen, fragten sie erstaunt: »Wie kommt es, dass der Feigen­baum so plötzlich vertrocknet ist?«

Jesus erwiderte: »Ich versichere euch: Wenn ihr Gott vertraut und nicht zweifelt, könnt ihr noch mehr

als das tun. Ihr könnt sogar zu diesem Berg sagen: ›Hebe dich von der Stelle und stürze dich ins Meer!‹,

und es wird geschehen. Ihr werdet alles bekommen, wenn ihr Gott im Glauben darum bittet.«

(Mt 21,18-22; HfA)

 

Am Beispiel des Feigenbaums verdeutlicht Jesus seinen Jüngern und uns, dass Unfrucht­barkeit,

also Unglaube und falsche Glaubenssätze und Glaubensleitlinien bekämpft und vernichtet werden

müssen. Der Baum soll zur Verdeutlichung verdorren, damit durch dessen Absterben Menschen

aufgerüttelt werden; damit sie ihre überzogene Selbstbezogenheit und Selbstherrlichkeit aufgeben

und sich Gott zuwenden; damit sie auf ihn und seine Hilfe bauen und ihre Hoffnung und ihren

Glauben auf ihn richten, der allein die Kraft und Macht hat, der Glauben verleiht, der Unmögliches

möglich macht, der uns Berge versetzen lässt.

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