Eschborn, den 24.11.2021

 

Ein Liebeslied zum Advent   (Ps 28,7)

 

Es waren einmal vier Geschwister, die hießen Hans, Franz, Sophie und Marie.

Ihre Eltern waren begeisterte Straßenmusiker. Gemeinsam sangen sie aus Freude und

zum Lebensunterhalt für andere. Und die Stimmen der Kinder waren himmlisch schön,

ein wahres Geschenk Gottes.

Hans, der Älteste sang Bass; Franz, Tenor; Sophie Alt und Marie, die Jüngste, Sopran.

Als Gesangsquartett hätten sie richtig gut sein können, doch wie es manchmal bei

großen

Talenten ist, wollte sich jede Stimme Geltung verschaffen und im Vordergrund stehen.

Es fehlte ihnen an geschwisterlicher Harmonie. Doch solange Mutter und Vater den Takt

und den Rhythmus vorgaben, war ihr gemeinsames Einkommen einigermaßen gesichert.

 

Doch eine dunkle Wolke zog über ihre Stadt, über das Land und sogar auf der gesamten

Erde wurde es Finster. Eine böse Krankheit in pandemischer Stärke erschütterte den

Weltenlauf und beeinflussten das Leben. Quarantäne und Kontaktverbote,

Ausgangssperre und Abstandsregeln verhinderten ihre Auftritte. Ohne Einkünfte waren

sie auf die Speisen von der Tafel ihrer Gemeinde angewiesen. Und ohne ihre Auftritte,

hatten sie auch kein gemeinsames Ziel mehr. Ihre Freude und ihre Kraft schwanden

zunehmend.

Und ein Unglück kommt selten allein. Die Mutter, die Seele und der Kitt der Familie, von

der Not geschwächt, steckte sich beim Einkaufen mit dem Virus an und verstarb nach

kurzer, schwerer Krankheit.

In der Trauer um die Mutter gewann schließlich ihre Liebe weder die Oberhand.

Für die kommende Trauerfeier schrieb jedes Kind eine eigene Liedstrophe als ein

bescheidenes Liebeslicht. Und der Vater dazu einen umspannenden Refrain.

 

Marie schrieb als 1. Kerze:

Mama, warum gingst du?

Ich hab dich doch lieb!

Wie, soll‘s weitergehen,

ohne deine Lieb?

 

 

Franz schrieb als 2. Kerze:

Mutter, liebe Mutter,

Ich vermisse dich!

Dich möchte ich heut ehren,

denn du, liebtest mich.

 

Sophie schrieb als dritte Kerze:

Wir sind deine Kinder,

lasse uns nicht los.

In unsren Gedanken

bleibst du, unser Schoß.

 

Und Hans schrieb als 4. Kerze:

Mama, liebste Mutter,

du brachst uns zur Welt

und auch in der Zukunft,

deine Güt uns hält.

 

Und der Vater schrieb als Refrain:

Du bist unsre Hoffnung,

unsre Zuversicht.

Deine große Liebe,

sei uns Weg und Licht!

 

Und aus dem Rhythmus ihrer Gedichte ergab sich ihnen die Melodie.

Sie sangen ihre Reime leise vor sich hin, aus Liebe und zum Trost,

dann, zunehmen freier und lauter.

Und sie hörten einander.

Aus gemeinsamer Trauer erstand

   starke Liebe,

wieder gemeinsame Freude

   an der Musik und am Leben.

 

Die Trauerfeier auf dem Friedhof fand dann im Freien statt.

Einige Nachbarn waren auch da, in größerem Abstand.

Liebe verbindet. Liebe tröstet. Liebe stärkt.

 

Und jedes Kind sang mit der ihm eigenen, himmlischer Stimme,

jede und jeder für sich,

doch verbunden im Refrain des Vaters,

das eigene Liebeslied für die Mutter,

laut und deutlich, klar und rein,

inbrünstig und in enger Verbundenheit.

 

Dann, ein Wunder geschah!

Sie sangen noch einmal,

nun zusammen,

in göttlichem Einklang

gen Himmel.

 

Alle waren tief ergriffen –

und Gott lächelte.

 

Seitdem

singen diese Fünf ihr Lied,

aus Freude und zum Dank,

in der Adventszeit zusammen,

in leicht abgewandelter Form,

im Gedenken an Jesus

und in Erwartung seiner Ankunft

in den Herzen aller.

 

Jesus, warum gingst du?

Ich hab dich doch lieb!

Wie, soll‘s weitergehen,

ohne deine Lieb?

 

R: Jesus, liebster Jesus,

du brachst uns zum HERRN.

Freude, Frieden, Hoffnung,

sei des Lebens Kern!

 

Jesus, lieber Jesus,

Wir vermissen dich!

Dich möchten wir ehren.

Liebe, spricht für sich!

 

R: Jesus, liebster Jesus,

du brachst uns zum HERRN.

Freude, Frieden, Hoffnung,

sei des Lebens Kern!

 

Wir sind deine Kinder,

lasse uns nicht los.

In unsren Gedanken,

gibst du uns – Anstoß.

 

R: Du bist unsre Hoffnung,

unsre Zuversicht.

Deine große Liebe,

sei uns Weg und Licht!

 

Jesus, liebster Jesus,

du kamst in die Welt.

Nun, in aller Zukunft,

deine Güt uns hält.

 

R: Du bist unsre Hoffnung,

unsre Zuversicht.

Deine große Liebe,

sei uns Weg und Licht!

 

Auch vor Weihnachten sind ihre Zuhörer berührt und ergriffen.

Und Gott lächelte. Liebe heilt.

 

 

Der HERR ist meine Stärke und mein Schild;

auf ihn traut mein Herz und mir ist geholfen.

Nun ist mein Herz fröhlich,

und ich will ihm danken mit meinem Lied.

(Ps 28,7; L)

 

 

 

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