‚Du wirst …‘  (2.Mo 20, 1-17) 

                                                   

Hallo Du,

da lese ich, dass die hebräische Fassung der Zehn Gebote nicht in der Form: ‚Du sollst nicht ..‘ verläuft,

sondern einfach feststellt: ‚Du wirst …‘. Du wirst nicht töten. Du wirst nicht stehlen. Hier werden die Gebote

werden als Verheißungen und Vorhersagen ausgesprochen.

Das gibt für mich Sinn und sofort klären sich in mir biblische Ungereimtheiten. Ich erkenne:

Für beide Übersetzungsformen gibt es gute Gründe und beide haben ihre Nachteile. Sie

ergänzen sich.

 

1. Die Zehn Gebote in der ‚Du sollst nicht‘ – Form sind als rechtlich-moralische Weisungen

formuliert. Es sind Anweisungen in göttlicher Gesetzesform. Sie sollen den Menschen zeigen,

was Gott von ihnen will und was aus Gottes Sicht gut für sie ist. Sie betreffen ihr Denken,

Verhalten und Handeln. Gleichzeitig sind sie auch ein Verhaltenskodex, ein Maßstab, an dem

jeder seinen Gottgehorsam messen kann.

Die Form ‚Du sollst nicht!‘ vermag gut, an das menschliche Gewissen zu appellieren,

Menschen aus ihrem alltäglichen Trott aufzuwecken und sie persönlich betroffen zu machen.

Sie ist jedoch nicht hilfreich dabei, das Böse, die Sünde, die Gottesferne zu überwinden und

abzulegen. Sie fordert auf: Mach was. Ändere dich. Handle anders. Als wäre das allein mit

Hilfe von Selbstdisziplin möglich.

 

2. Der große Paulus bekennt in Röm 7, 14-15 ganz offen:

Ich bin nur ein Mensch und der Herrschaft der Sünde ausgeliefert. Ich verstehe ja selber nicht,

was ich tue. Das Gute, das ich mir vornehme, tue ich nicht; aber was ich verabscheue, das tue ich.

 

Paulus bringt es auf den Punkt: Die Sünde beherrscht uns. Sie macht Menschen zu ihrem

Sklaven. Das Böse ist wie eine schlimme Krankheit, die uns Schwäche aufzwingt. Das Böse

macht gierig und süchtig, es verblendet, macht blind und taub, ungehorsam undwiderwillig.

 

Ich bin nur ein Mensch. Wie könnte ich aus eigener Kraft von den Mächten des Bösen

loskommen? Ich habe das schon mehrfach versucht und festgestellt: Das geht nicht.

Alle guten Vorsätze helfen da nicht. Letztlich fehlt es an Kraft und Ausdauer dazu. Ich und

wahrscheinlich auch andere, wir schaffen das nicht alleine. Wir brauchen Hilfe und Beistand

und Führung von außen.

 

Um die negativen Auswirkungen einer Überforderung durch die Form ‚Du sollst‘ bzw. ‚Du

darfst nicht‘ zu lindern, werden die Gebote heute gerne als göttliche Angebote bezeichnet.

Das intendiert: ‚Du kannst dich frei entscheiden, sie zu befolgen oder nicht. Doch auch diese

Form appelliert an die Selbstbewältigung. Auch sie besagt: Wenn du dich fasch entscheidest,

trägst du die Verantwortung dafür, dann bist du selbst schuld daran.

 

3. Einst war ich wegen einer verfestigten Angststörung bei einem Psychotherapeuten.

Der nahm mich bildlich an seine Hand und führte mich nach und nach zu den Ursachen

meiner Ängste. Die einzusehen war schon schwierig genug, aber das war erst der Anfang.

Danach arbeiteten wir an der Neukonditionierung der entgleisten Gefühle. Das funktionierte

nur, weil ich wieder gesund werden wollte und weil mein Arzt mich behutsam und

einfühlsam durch die vorhandenen Hindernisse führte. Mit Einstellungsumstellungen sowie

in kleinen und gezielten Aufgaben musste ich Vertrauen und rechtes Verhalten neu erlernen.

Das Alte wurde abgebaut und Neues eingepflanzt und aufgebaut.

Zuletzt ging es darum, das Neue durch vertrauensvolles Anwenden zu vertiefen und zu

festigen. Das war ziemlich mühsam und es dauerte fast ein ganzes Jahr, bis ich wieder

einigermaßen frei laufen konnte. Ohne die Hilfe des Arztes hätte ich das nicht geschafft.

 

4. Die hebräische Form ‚Du wirst‚, geht von einer ganz anderen Betrachtungsweise aus.

Es heißt jetzt nicht mehr: ‚Du sollst, bzw. du musst, sonst wirst du …bestraft‘, sondern die

Formulierung spricht Vertrauen und Heil zu. Sie prophezeit: ‚Du wirst das Ziel erreichen‘.

Sie besagt: ‚Es wird dir werden‘. Du wirst nicht mehr morden oder stehlen.

Wie kann das sein? Wie kann das gewisslich werden?

 

Gott weiß, dass wir als Gefangene der Sünde uns nicht plötzlich ändern können. Deswegen

nimmt es uns bildlich an die Hand geht er mit uns einen neuen Weg durch sein Wort.

Der Hinweis, die Zusage: ‚Du wirst nicht mehr bedeutet bspw. einerseits, Unwahres oder

Liebloses über deine Mitmenschen zu sagen ist eine Sünde, die Gott nicht mag. Andererseits

bedeutet sie auch: Gott wird uns so verändern, dass wir es nicht mehr wollen und auch nicht

mehr können. Wir halten es dann für zuriefst verwerflich und sind von einem Zwang dazu

befreit.

 

Wie geschieht das?

Gott zeigt uns, was er für richtig hält. Er verdeutlicht uns, was wir falsch gemacht haben.

Er macht uns unsere Schuld bewusst, damit wir sie erkennen, künftig darauf achten und uns

innerlich davon distanzieren. Schließlich vergibt er uns geschehenes, damit wir unbelastet

mit ihm neu anfangen können. Er begleitet uns auf seinem Weg der Veränderung und er

hilft, wo wir zu scheitern drohen. Weil wir ihn durch sein Wort und sein Wirken immer

besser kennen und stärker lieben lernen, hören wir nun gerne auf ihn, auf seine

Wegweisungen, Weisheiten und Offenbarungen. Wir genießen seine Gegenwart im Glauben,

sein Wohnen in unseren Gedanken, in unserem Geist und unseren Herzen. Wir freuen uns

darüber, wenn uns zur rechten Zeit sein rechtes Wort dazu einfällt, wenn sich unerwartete

Hilfe auftut oder wenn Probleme scheinbar wie von selbst lösen. Das hält uns auf dem Weg

seiner Liebe und das bestätigt uns in unserem Festhalten an ihm.

 

Und je häufiger wir seine Verheißungen, Versprechen und Zusagen für wahr halten, desto

öfter werden sie uns. Je häufiger wir auf ihn hören, desto leichter wird unser Lebensweg.

 

Indem wir uns von Falschem distanzieren, hilft er, das Böse zu überwinden.

Indem wir uns mit seinem Wort auseinandersetzen und es in uns aufnehmen, es mit uns

verwachsen lassen, wird es uns selbstverständlich und eigen.

So gelangt der Geist Gott in uns und formt unseren alten Geist um. Wir erhalten quasi eine

göttliche Gehirnwäsche. Neue Grundwerte wie Liebe und Vertrauen, Hoffnung und

Zuversicht, Güte und Barmherzigkeit werden eingeübt und sie werden uns.

Auch unsere Ziele werden ausgetauscht. Aus dem ’schaffe, schaffe‘ und dem Streben nach

Sieg, Erfolg oder Wohlstand wird ein ‚Sich zufrieden geben‘. Es zählt nicht mehr das eigene

Wollen, sondern viel mehr Ausgeglichenheit und innerer Frieden. Wir wollen nicht mehr

selbstbezogener Nabel der Welt sein, sondern unseren Platz einnehmen in seinem

allumfassenden Plan. Wir müssen nicht mehr schuften oder uns aufopfern, um Achtung,

Status oder Anerkennung zu bekommen, weil Gott sie uns ohne Leistung bereits gegeben

hat. Wir leben gerne aus den Fähigkeiten und Gaben, die wir von ihm empfangen haben.

Wir lassen uns gerne von im vervollkommnen, weil er uns gefehlt hat. Sein Geist, der

Heiligen Geist, bewirkt Veränderung in uns. Wir werden, weil Gott es tut.

 

Deswegen heißt es in Gal 5,22: Der Geist Gottes bringt in unserem Leben nur Gutes hervor:

Liebe und Freude, Frieden und Geduld, Freundlichkeit, Güte und Treue, Besonnenheit und

Selbstbeherrschung.

 

Es ist der Geist Gottes, der uns nach und nach verändert. Er gibt Glauben, Gottvertrauen,

Hoffnung und Zuversicht. Er verstärkt und vertieft die Verbindung mit Gott. Er leitet und hält

Menschen auf dem Weg der Liebe. Wir bitten darum und lassen Veränderung zu, weil sie

uns guttut. Uns wird, was Gott für uns will.

 

Deshalb wollen und werden wir

keine anderen Götter mehr verehren;

– Gottes Namen nicht missbrauchen;

– den Sabbat heiligen;

– Vater und Mutter ehren;

– nicht töten oder morden;

– die Ehe nicht mutwillig brechen;

– andere nicht bestehlen oder ausnutzen;

– nichts Unwahres oder Liebloses über unsere Mitmenschen sagen;

– begehren auch nicht mehr, was unseren Mitmenschen gehört, weil wir gelernt haben,

   dass Gott mit jedem Menschen einen eigenen Weg geht.

 

Wir lassen uns nicht mehr vom Bösen verleiten, verschmutzen und vergiften. Wir leiden

nicht mehr unter verheimlichten Fehlern und begangenen Sünden. Wir gehen mit Gottes

Hilfe den Weg seiner Liebe und Güte, den seiner Wahrheit und Wahrhaftigkeit.

Der Geist Gottes formt uns nach dem Bilde Gottes. In diesem Geist werden wir Jesus immer

ähnlicher. In diesem Geist strahlt Gott aus uns heraus.

 

Wer Gott nicht kennt und auch nicht kennen lernen möchte, der weiß nichts von seiner

Liebe und Güte, von seinem Erbarmen und Vergeben, vom möglichen Neuanfang und all den

angenehmen Veränderungen.

Wer Jesus nicht kennt, weiß nichts von dessen aufopferndem Tod für uns, von der Befreiung

aus schlechten Bindungen und seinem zuverlässigen Beistand in allen Lebenslagen.

Wer den Heiligen Geist nicht kennengelernt hat, kann nicht wissen, mit welcher Macht und

Kraft er in unser leben einzugreifen vermag.

 

Wir können uns durch eine Anweisung nicht selbst aus dem Sumpf der Sünde herausziehen,

doch mit Hilfe des Geistes Gottes, des Heilige Geistes, wird es gelingen. Er hat die Macht, die

Kraft und den Auftrag, uns für das neue Leben mit Gott zu verändern.

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