
Der gute Hirte (Ps 23,1)
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
(Ps 23,1)
Hallo Du,
mir scheint, dass man heute Hirten nicht mehr braucht;
gute schon gar nicht, denn die wären zu teuer.
Es gibt kaum noch freie Flächen und freilaufende Herden,
dafür umso mehr Zäune, Hürden, enge Pferche und übervolle Ställe.
Es gibt auch kaum noch gefährlichen Raubtiere wie Wölfe oder Bären,
vor denen die Herden zu beschützen wären,
sondern fast nur noch den Menschen, das schlimmste Raubtier.
Heute ist fast alles rationalisiert. Tiere gehen nicht mehr zum Futter,
sondern das Futter wird zu den Tieren gebracht.
Das ist einfacher, ökonomischer. Massentierhaltung ist gewinnorientiert.
Da muss Personal eingespart werden.
Und eine persönliche Beziehung zu den Tieren
mit verbindender Verantwortung,
mit Hege und Pflege, mit Schutz und liebevoller Fürsorge und Dankbarkeit,
ist Nostalgie, unnütze Gefühlsduselei, der Sache nicht angemessen.
Schließlich ist das ja nur Schlachtvieh, das die eigenen Kosten kaum deckt.
Wie gehen wir heute mit der Schöpfung und den Geschöpfen um?
Wie gehen wir mit unseren Mitmenschen und mit uns selbst um?
Haben wir uns zur Sache machen lassen oder gemacht,
zu stumpfsinnigen, kurzsichtigen und gleichgültigen Konsumenten und Produzenten,
zu verantwortungslosen und unausgeglichenen Bestien,
die isoliert in zu engen Wohneinheiten leben, Legebatterien gleich,
und an unsäglichen Produktionsstätten arbeiten, an denen es fast nur noch
um Leistung und Geld geht, zum Reichtum der Besitzenden?
Der Herr, der Gott, der allem Fleisch den Lebensodem gibt, wolle einen Mann über die
Gemeinde einsetzen, der vor ihnen aus- und einzieht und sie aus- und einführt, damit die
Gemeinde des Herrn nicht sei wie Schafe, die keinen Hirten haben! (4.Mo27,16-17)
Wir haben vergessen, dass wir selbst auch Herdentiere sind; Gruppenwesen,
die Führung und Beziehung, Schutz und Hege und Pflege brauchen und geben,
also Liebe und Zuwendung, Ermahnung und Bestätigung, Verständnis und Geduld.
Wir sind weder Stimmvieh noch Schlachtvieh noch seelenlose Roboter,
sondern sensible und empfindsame, gefühlvolle und kreative Wesen
mit kritischem Bewusstsein sowie Hoffnungen und Ängsten.
Was lassen wir nur mit uns und den anderen machen? Die Schöpfung wird gequält.
Wir sollten Betroffenheit, Unmut und Solidarität zeigen, täglich, öffentlich, endlich.
Wir sollten uns friedlich wehren, denn längst sind Politiker, unsere politischen Hirten,
zu Handlangern von Wirtschaftsinteressen und Bankriesen geworden.
Und er nahm seinen Stab in die Hand und erwählte sich fünf glatte Steine aus dem Bach
und legte sie in die Hirtentasche, die er hatte, und zwar in die Schleudersteintasche, und
er nahm seine Schleuder zur Hand und näherte sich dem Philister. (1.Sam 17.40)
Wie anders war das früher. Fernab vom Hof war ein Hirte immer bei seinen Schafen.
Tagsüber wanderte er mit ihnen über die Weideflächen und abends trieb er sie
in ein Schutzgehege.
Das war oft ein mit einer dichten Hecke oder mit einem hohen Steinwall umgebener Platz
oder eine Höhle, mit einem engen Zugang für jeweils nur ein Tier.
Beim Einlass untersuchte der Hirte jedes einzelne Schaf, das er auch mit Namen kannte,
auf Verletzung und Krankheit, die er dann behandelte.
Er sprach mit den Tieren, denn sie waren ein Teil seiner Familie.
Das beruhigte und orientierte die Schafe und auch ihn. Er war nicht alleine.
Seine Tiere waren ihm wie kleine Geschwister oder gar wie eigene Kinder.
Und nachts schlief er zum Schutz seiner Herde am Eingang, an der gefährlichsten Stelle.
Er war der Türhüter. Er war sozusagen die Tür, das Bollwerk gegen Feinde von außen.
Und bei Gefahr hat er gegen alle Raubtiere gekämpft und sein Leben für sie eingesetzt.
Diese besondere Hege und Pflege waren wichtig, denn die wohlbehütete Herde
war ihre, von Gott gegebene, Lebensgrundlage.
Ohne die Tiere hätten sie keine Nahrung und Kleidung, also kein Leben.
Jedes einzelne Tier war deshalb wichtig im Kreislauf von Geboren werden, Leben und
Sterben. Die Hoffnung lag besonders auf den hilflosen Lämmern, die Zukunft bedeuteten.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht durch die Tür in die Schafhürde hineingeht,
sondern anderswo hineinsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür
hineingeht, ist der Hirte der Schafe. Diesem öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf
seine Stimme, und er ruft seine eigenen Schafe beim Namen und führt sie heraus.
Und wenn er seine Schafe herausgelassen hat, geht er vor ihnen her; und die Schafe folgen
ihm nach, denn sie kennen seine Stimme. (Joh 10, 1-4)
Ich bin Vater und Hirte.
Meine kleine Herde ist meine Familie. Jeder darin ist mir wichtig.
Jeder hat einen Namen und mit jedem habe ich eine enge, liebevolle Beziehung.
Ihr Wohl liegt mir am Herzen. Deshalb hege und pflege und weide ich sie.
Und wenn sie mich brauchen, bin ich für sie da.
Ich arbeite für sie und beschütze sie. Ich führe sie und gebe ihnen Orientierung.
Meine Kinder kennen meine Stimme und mich. Sie vertrauen und glauben mir.
Sie lassen sich führen und nehmen meine Orientierung und Zuwendung gerne an.
Sie gehorchen, zu ihrem eigenen Schutz, wie auch zum Schutz der Familie.
Ich bin ihnen Vertrauter und Vorbild, ein hoffentlich guter Hirte.
Und ich will euch Hirten nach meinem Herzen geben, die sollen euch weiden
mit Erkenntnis und Einsicht. (Jer 3,15)
Schwer wird es, wenn Menschenschafe sich gegen den Hirten wenden,
wenn sie seinen Schutz und seine Führung ablehnen,
wenn ihnen Hege und Pflege zu eng wird,
wenn sie ihren freien Willen erproben wollen,
wenn sie eigenen, gefährliche Wege gehen wollen.
Dann kann der Hirte nicht mehr für sie da sein, denn sie entziehen sich ihm.
Dann sind sie auf sich selbst gestellt und sammeln oft schmerzvolle Lebenserfahrung.
Wenn ihnen ihr guter Hirte nicht verständliches und einprägsames Vorbild ist,
dann brauchen sie mühevolle Erfahrungen, um selbst zu guten Hirten zu werden.
Ich bin auch Lehrer und Hirte.
Meine Schüler sind meine weiteren Kinder, meine Schafe, meine große Herde.
Sie sind mir anvertraut und sie vertrauen mir und meiner Führung.
Wir lernen uns gegenseitig kennen und schätzen.
Ich diene ihnen; diene ihnen zum Wachsen.
Ich gebe ihnen liebevolle Orientierung fürs Leben,
entdecke und entwickle mit ihnen ihre Begabungen und Fähigkeiten,
fördere Gemeinschaft, gegenseitige Unterstützung und Freundschaften,
weide sie in Gelegenheiten und Möglichkeiten,
stille ihren Hunger nach Können, Wissen und Erfahrung, lasse sie reifen,
gebe ihnen Verständnis und Bestätigung,
führe sie durch eigene Tiefen und Höhen,
setze ihnen Grenzen und bewahre sie vor Faulheit und Gleichgültigkeit
und ermögliche ihnen Freude am Erleben und Leben.
Hütet die Herde Gottes bei euch, indem ihr nicht gezwungen, sondern freiwillig Aufsicht übt,
nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern mit Hingabe, nicht als solche, die über
das ihnen Zugewiesene herrschen, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid!
Dann werdet ihr auch, wenn der oberste Hirte offenbar wird, den unverwelklichen Ehrenkranz
empfangen. (1. Petr, 5, 2-4)
Ich bin auch fehlbares Schaf und hilfloses Lamm und brauche einen guten Hirten,
denn die Hirten sind töricht geworden und haben den Herrn nicht gesucht;
darum hatten sie kein Gelingen, und ihre ganze Herde ist zerstreut. (Jer 10,21)
Ihre Hirten haben sie auf Abwege geleitet, auf den Bergen sie irregeführt;
sie gingen von Berg zu Hügel, haben ihren Ruheplatz vergessen. (Jer 50,6 b)
Ein Hirte oder eine Hirtin sind auch nur Menschen.
Auch sie unterliegen Schwankungen, Hoffnungen und Ängsten.
Ihre Kraft und Geduld und ihr Können und Wissen sind begrenzt.
Niemand ist ohne Sünde. Niemand ist fehlerfrei.
Deshalb brauchen wir, besonders in schweren Situationen und Zeiten,
einen zuverlässigen, geduldigen, liebevollen und selbstlosen Hirten,
der die Kraft und Macht hat, uns zu erretten und dauerhaft vor Bösem zu bewahren.
Wie ein Hirte seine Herde zusammensucht an dem Tag, da er mitten unter seinen
zerstreuten Schafen ist, so will ich (Gott) mich meiner Schafe annehmen und sie
aus allen Orten erretten, wohin sie zerstreut wurden an dem Tag des Gewölks
und des Wolkendunkels. (Hes 34, 12)
Das ist gut. Gott will mein Hirte sein und mich ins Licht und auf saftige Weiden führen.
Doch leider ist er für unsichere Schafe unsichtbar. Da brauchen wir schon einen Gott,
den wir sehen können, der uns ein menschliches Vorbild an Liebe und Zuwendung ist,
einen, der Mensch und Gott gleichzeitig ist.
Der Gott des Friedens aber, der unseren Herrn Jesus aus den Toten heraufgeführt hat,
den großen Hirten der Schafe durch das Blut eines ewigen Bundes, er rüste euch völlig
aus zu jedem guten Werk, damit ihr seinen Willen tut, indem er in euch das wirkt, was
vor ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus. Ihm sei die Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Amen. (Hebr 13, 20-21)
Und als Jesus (aus dem Boot) ausstieg, sah er eine große Volksmenge; und er hatte
Erbarmen mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing an,
sie vieles zu lehren. (Mk 6, 34)
Jesus sagt: Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er gerettet werden
und wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen,
zu töten und zu verderben; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es
im Überfluss haben. Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Der Mietling aber, der kein Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen
und verlässt die Schafe und flieht; und der Wolf raubt und zerstreut die Schafe.
Der Mietling aber flieht, weil er ein Mietling ist und sich nicht um die Schafe kümmert.
Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin den Meinen bekannt, gleichwie der
Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Und ich habe noch andere Schafe, die nicht aus dieser Schafhürde sind; auch diese muss ich
führen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte sein.
(Joh 10, 9-16)
Denn ihr wart wie Schafe, die in die Irre gehen; jetzt aber habt ihr euch bekehrt zu
dem Hirten und Hüter eurer Seelen. (1.Petr 2,25 25)
Jesus, du warst selbst ein Mensch, der durch Höhen und Tiefen gegangen ist.
Und auch warst und bist du Sohn Gottes,
als Mensch und Gott vom Tode auferstanden,
täglicher Beschützer meiner Seele und Bewahrer meines Herzen.
Zu dir habe ich vertrauen.
Ich höre auf deine Stimme und deine Worte und suche deinen Willen in deiner Liebe.
Schenke du Erkennen durch den Heiligen Geist. Sei du auch mein guter Hirte.
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du
bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. (Psalm 23)
