Befreiender Ärger

 

Hallo Du,

ich habe eine erstaunliche Entdeckung gemacht:

Mein Ärger und meine Wut können mich von den Fesseln

der Hemmungen, Angepasstheit und Bequemlichkeit befreien!

 

Oder anders ausgedrückt:

Menschen, die sich immer wieder ärgern wollen,

benötigen die dabei entstehende emotionale Kraft und Energie,

um sich von ihren eigenen Hemmnissen und Bindungen zu befreien,

um sich selbst immer wieder zur Freiheit zu überwinden.

 

Was ist passiert?

Ich wollte einen schönen Urlaub machen,

mich so richtig nach Herzenslust austoben,

meiner Segelleidenschaft hemmungslos frönen,

mich ganz dem Wind und den Wellen hingeben,

meiner Lust- und Bedürfnishemmung freien Lauf lassen,

aber daraus ist nichts geworden.

 

Ein unzuverlässiger und habgieriger Kleinunternehmer

hat meine Anständigkeit und Hilfsbereitschaft ausgenutzt und missbraucht

und damit meine Würde entehrt. Ich habe mich entehren lassen.

In meiner Gutmütigkeit habe ich drei Tage lang bei extremer Hitze

seine Arbeit getan und geholfen, die Segelboote zusammenzubauen,

in der Hoffnung, dadurch schneller zum Segeln zu kommen.

 

Ich als Kunde und Gast habe mich missbrauchen lassen,

durch seine Dreistigkeit überrascht,

durch seine Freundlichkeit geblendet,

durch meinen starken Wunsch, endlich segeln zu können, verleitet.

 

Aber, nach getaner Arbeit, dann höre ich über einen Dritten,

dass zwei der drei Boote für eine Woche fest an andere vermietet sind

und mir das dritte Boot nur teilweise zur Verfügung steht.

Da hat doch dieser Unmensch die Boote doppelt vermietet

und will seine Versprechungen nicht einlösen!!!

 

Über so viel Dreistigkeit und Frechheit kann und darf man sich ärgern,

aber am meisten aber ärgere ich mich über mich selbst,

dass ich mich habe missbrauchen lassen,

dass ich mir das habe gefallen lassen,

dass ich nicht sofort meinen Unmut geäußert habe,

dass ich nicht sofort mein Recht eingefordert habe,

dass ich nicht auf klaren Abmachungen bestanden habe,

dass ich mich habe hinhalten lassen.

 

Zum Glück ist mein Ärger durch schlechte Unterbringung,

Organisation und Betreuung noch weiter eskaliert,

bis mir endlich der Kragen geplatzt ist,

bis der Anstandsknoten in mir geplatzt ist,

bis meine Wut aus mir herausgeplatzt ist,

bis meine Aggressionshemmung übersprungen wurde!

 

Ich habe ihm aufgeregt, aber sehr deutlich meine Meinung gesagt.

Ich habe die immense Kraft des Ärgers, der Wut und der Aggression genutzt,

mich von meinen einbindenden Segelhoffnungen zu lösen,

mich von meiner anerzogenen Wohlerzogenheit zu trennen,

mich von seinen wiederholten Versprechungen unabhängig zu machen,

endlich konsequent zu sein und würdevoll meinen eigenen Weg zu gehen.

 

Unabhängig von allen Mühen und Kosten habe ich mich dazu entschieden,

schnellstmöglich abzureisen und mich diesen Umständen nicht länger auszusetzen.

Ich habe mich konsequent dem unklaren Gewirr von Angebot und Versprechung,

von Hoffnung, Vorstellung, Beziehung und unausgesprochener Erwartung entzogen

und mich von all dem unabhängig und frei gemacht.

 

Mit der Entscheidung zur Abreise waren Ärger und Wut verflogen,

aber die große Kraft und Erleichterung der Befreiung noch da.

Ich konnte mich mit Anstand verabschieden

und ich konnte ihn sein Gesicht wahren lassen.

Ich habe ihm meine Stirn gezeigt, mich durch Selbstverzicht durchgesetzt

   und Achtung vor mir selbst gewonnen.

Ich habe meine Sparsamkeit überwunden

   und dadurch Unabhängigkeit, Souveränität und Freiheit erreicht.

Ich habe mich durch die Kraft des befreienden Ärgers

   von meinen Zwängen, Hemmungen und Ängsten befreit und dadurch

   an Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Handlungsfreiheit gewonnen.

Ich war nicht mehr Sklave meiner berechtigten Bedürfnisse,

   sondern Herr meiner Würde und Selbstachtung.

 

Warum soll ich weiterhin alles hinnehmen,

   zum eigenen Nachteil und zum Vorteil anderer?

Auch ich habe ein Recht zu leben und zu nehmen,

   meine Bedürfnisse zu erfüllen und ungehemmte Freude zu haben.

Ich habe sogar die Pflicht dazu, denn sonst würde ich seelisch krank.

 

Indem ich mich nicht mehr einschränke,

indem ich mich nicht mehr mit weniger zufrieden gebe, als mir zusteht,

indem ich mir nehme, wofür ich bezahlt habe,

stärke ich meine Gesundheit und mein Selbst.

 

Mein Ärger und meine Wut und die darin liegende elementare Kraft

haben mich zu meinen Wurzeln, zu meinen ursprünglichen Bedürfnissen,

Wünschen und Zielen und zu meiner Wahrheit zurückgebracht

und mich befreit aus der bescheidenen Enge und ängstlichen Hemmung

zu Selbstbehauptung, Selbstachtung, Mut, Zuversicht und Offenheit.

Verständnisvoll, angepasst und ängstlich bin ich nur ein Schatten,

eckig, kantig und voller Selbst- und Gottvertrauen dagegen eine Persönlichkeit.


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