Anders sein wollen (Mt 26,42)

 

Hallo Du,

es gibt Menschen, die wollen anders sein, als sie sind.

Die sind mit sich nicht zufrieden. Die gefallen sich nicht. Die lehnen sich ab.

Die haben andere Erwartungen an ihren Körper und ihr Aussehen,

an ihre Fähigkeiten und Begabungen, an ihre Gefühle oder ihre Intelligenz,

an ihr Temperament oder ihre Empfindsamkeit, an ihren Wert,

an ihre Gesundheit, ihre Lebensumstande oder ihre Möglichkeiten

oder an mach anderes.

 

Menschen, die mit sich nicht im Frieden sind, orientieren sich an anderen,

wollen sein wie sie oder das haben, was sie an ihnen besonders finden.

Sie sind neidisch darauf und versuchen, es nachzumachen und auch zu sein.

Trotzdem bleiben sie unglücklich, denn eine Kopie kann nie ein Original sein.

 

Wer anders sein will als er/sie ist, kennt sich nicht sehr gut,

hat noch nicht entdeckt, was an sich besonders, außergewöhnlich und einmalig ist,

was er/sie besonders gut kann, was er/sie gerne tut, was ihm/ihr Freude bereitet,

welche Aufgaben ihm/ihr in der Gemeinschaft zugedacht sind.

Diese Aufgaben müssen nicht unbedingt spektakulär sein, sondern angemessen,

bei jedem nach eigenem Vermögen, lösbar, sinngebend und erfüllend.

 

Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. (1. Mo 1,26)

 

Gott, im majestätischen Plural, in seiner Vielschichtigkeit, macht auch die Menschen vielschichtig, unterschiedlich,

ihm in einzelnen Wesenszügen ähnlich.

Das ist ungeheuer viel. Mehr könnten Menschen nicht aushalten. Mehr würde sie überfordern oder übermütig

machen.

Doch in ihrem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Zuwendung, Frieden, Liebe und Geborgenheit sind alle gleich, auf

Gottes den Lebensgeber angewiesen.

 

Vor ihm gelten nicht Schönheit oder Status, nicht Wissen oder Raffinesse, nicht Reichtum oder Einfluss, sondern

Echtheit und Ehrlichkeit, Offenheit und Dankbarkeit, Gottvertrauen sowie liebevolles Umgehen mit anderen und mit

sich selbst.

Darin liegen Verantwortung, Akzeptanz und Toleranz wie auch Freude und Frieden, Geduld und Freundlichkeit, Güte

und Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung.

 

Mal ehrlich: Menschen, die anders sein wollen, lehnen sich irgendwie gegen Gottes Willen auf, denn Gott in seiner

unendlichen Weisheit hat sie genauso gemacht, wie sie sind, damit sie die Aufgaben durchführen können, die er für

sie vorgesehen hat. Wären sie wie andere, wäre das eine Abwertung, sie wären ersetzbar und austauschbar, ohne

eigene Kreativität und Originalität, ohne Eigenheit und Individualität, ohne eigene Persönlichkeit, Massenware.

 

Könnte es sein, dass solche Menschen mit ihrer Einstellung und ihren Ansprüchen Gott indirekt Vorwürfe machen,

dass sie nicht so sind, wie sie es gerne wären?

Könnte es sein, dass sie schöner, besser, hervorragender, geliebter oder wertvoller sein wollen als andere?

Könnte es sein, dass sie zu sehr auf sich fixiert sind und das rechte Augenmaß verloren haben?

 

Jeder hat doch seine Schwächen und Macken, seine Nöte und Lasten, seine Grenzen und Einschränkungen.

Die entwerten uns doch nicht, sondern sie sind Ansporn, über unsere Ängstlichkeit und Zweifel hinauszuwachsen,

darin zu reifen, in ihnen zu Gott zu finden und ihm zu vertrauen und zu gehorchen, ihm aufgrund unserer

Lebenserfahrung im Dienst am Nächsten zu dienen.

 

Ja, Leben ist ein ständiges Ringen mit Gegebenheiten. Das geht jedem Menschen so. Darin erfolgreich zu sein,

ist Belohnung und Ansporn, Freude und Ermutigung, ist bitten und beten und ringen mit Gott um Klarheit,

Wegweisung und Beistand, ist Gottes Antworten hören, ist Gott begegnen, ist mit Gott gehen.

 

Jesus betete: Mein Vater, wenn es nicht anders sein kann und ich diesen Kelch trinken muss, dann soll dein

Wille geschehen. (Mt 26,42)

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