Eschborn, den 28.10.2020
Was ist richtig? (Ps 81,13)
Hallo Du,
was hältst du für richtig? Was ist für dich richtig? Wovon bist du überzeugt und
weshalb bist du es?
Die Antworten auf diese Fragen sind sehr individuell. Sie bestimmen unser Denken,
Fühlen, Handeln und Verhalten mit, vielleicht sogar unser Leben.
Lautet deine Antwort vielleicht: ‚Richtig für mich ist, was ich und/oder andere für richtig
empfinden/halten!‘ Wenn ja, dann bestätigst du damit: ‚Mein beurteilendes Denken ist
beeinflusst! Es wird nicht immer richtig sein‘.
Gehen wir dem einmal nach. Im Verstand sammelt sich das Denken, das ich glaube
verstanden zu haben, wahrscheinlich auch das Denken, das sich bei uns in speziellen
Situationen bewährt hat. Dieses Denken wird als Fakt gespeichert, denn der Verstand
steht auf Fakten, weil die seine Planung und Lebensgestaltung einfacher machen. Sie
sind vorgefertigte Wegweiser.
Aber: Der Verstand hält nur das für richtig, was er selbst als richtig definiert hat und nur
das behält er. Man bezeichnet das als subjektives Denken.
Interessanterweise hält jeder seinen jeweiligen Denkstand, sein jeweiliges ‚Wissen‘
solange für richtig, bis er sich irrt, bis er dadurch Schwierigkeiten bekommt. Irren ist
menschlich! Er glaubte nur, etwas zu wissen.
In Bezug auf Religion, auf Gott, hält der ach so rationale und doch auch emotionale
Verstand, ‚Glaube‘ und ‚Gottvertrauen‘ für gefährlichen, leichtsinnigen Unsinn. Er wird,
als undenkbar abgelehnt, weil er (so denkt der Denker jedenfalls) damit jegliche
Kontrolle über sich und sein Leben abgeben würde. Ihm fehlen dann verständliche und
faktische Beweise.
Richtig ist aber, dass Gläubige die Kontrolle an Gott abgeben, die Verantwortung für all
ihr Denken, Verhalten und Tun aber übernehmen und vor Gott darüber Rechenschaft
ablegen.
Falsch ist, dass Glaube nicht beweisbar ist. Gläubige erhalten ständig Gottbeweise,
nämlich immer dann, wenn ihr Bitten und Beten erhört wird und wenn ihr Glaube in der
Realität faktisch und sichtbar und wundersam bestätigt wird. Was noch nicht war, ist
dann, auch für andere erkennbar. Für sie bestätigt sich, was sie glauben. Immer wieder!
Der Placebo Effekt bei Erkrankung ist ein gutes Beispiel dafür. Man glaubt/vertraut der
angeblich helfenden Scheinmedizin oder Heilmaßnahme und Heilung tritt tatsächlich
ein. Das ist unerklärlich, erstaunlich und wundervoll und ein Beweis für die Macht von
Glauben. Glaube bewirkt etwas! Glaube wird real und sichtbar.
Deswegen ist es fahrlässig, Glaube und Gottvertrauen einfach abzutun. Gerade er weitet
den Verstandeshorizont und führt zu einem neuen, korrigierten Verstehen, zu neuen
Denkimpulsen, die den Verstand agil und aktuell halten!
Gibt es ein ‚Richtig‘, wenn für mich immer nur das richtig ist, was ich für richtig halte?
Ups! Das bedeutet doch: Ich weiß nicht genau, was richtig ist, gehe aber trotzdem davon
aus, dass ich mich nicht irre. Und auch: Ich denke auf einer wahrscheinlich falschen
Ausgangsbasis weiter. In uns entstehen so subjektive Gedankengebäude auf einem
brüchigen Annahmefundament. Das ist doch schlimm! Das darf doch nicht sein! Das
kann nicht sein!
Doch! Das ist normal und vorübergehend sogar hilfreich. Oft ist eine, vielleicht auch
falsche Entscheidung besser, als gar keine. Man lernt dazu. Sie hilft, aktiv zu bleiben,
Trägheit zu vermeiden oder zu überwinden, Erfahrungen zu sammeln und den Irrtum zu
erkennen und zu korrigieren. Soweit der gute Aspekt.
Doch oft läuft es anders. Der Verstand hat ein Beharrungsvermögen. Er gibt
Gespeichertes nicht gerne auf. Um sein Denken, das eigene Gedankengebäude, die
selbstgezimmerte Wahrheit, nicht zu erschüttern oder zu gefährden, werden
korrigierende Signale und Fakten lieber ignoriert und abgetan. Sie passen nicht ins
eigene (schräge) Denkgebäude/Weltbild. Sie passen nicht zur bisherigen Überzeugung
und Lebenseinstellung. Und wer schon, gibt Irrtum gerne zu?
Wie kann ein veraltetes und rissiges Gedankengebäude renoviert werden?
1. Durch Abriss und Neuaufbau von Grund auf! Das aber ist ein immenser Kraftakt.
Wir neigen dazu, unsere Ansichten nur punktuell zu reparieren. Doch das hilft auf Dauer
nicht. Es ist vergebliches Flickwerk. Die Bibel sagt dazu:
Niemand schneidet ein Stück Stoff aus einem neuen Kleid, um damit ein altes zu flicken.
(Lk 5,36; HfA)
Ebenso füllt niemand jungen, gärenden Wein in alte, brüchige Schläuche. Sonst platzen
sie. Dann läuft der Wein aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Nein, jungen Wein
füllt man in neue Schläuche! Nur so bleibt beides erhalten. (Mt 9,17; HfA)
Die Bereitschaft zu einem völligen Neuaufbau haben wir nur in einer tiefen, anhaltenden
Krise, nur, wenn es uns richtig schlecht geht, nur dann, wenn in unserem Leben nichts
mehr stimmt, wenn vieles sowieso schon zusammengestürzt ist. Dann, wenn wir keinen
anderen Ausweg gefunden haben.
Neuaufbau ist: Ausstieg aus veraltetem, verkrustetem, falschgewordenem, überholtem
Denken; ist: Vollständige Erneuerung; ist Umkehr zur Besserung; ist neue Chance.
Geht es vielleicht auch leichter? Ja, es geht auch anders, doch das ist nicht leichter.
2. Es geht auch durch ständige Veränderung und Anpassung; durch das Aufgeben von
Überzeugungen, von Stolz und Rechthaben, von beharrendem Verweilen und von
bequemer Gemütlichkeit. Die Erneuerung vollzieht sich durch ständige Offenheit und
intensive Aufmerksamkeit; durch ein ständiges ‚Sich in Frage stellen‘; im ständigen
Austausch mit der Realität und im kritischen Abgleich mit ihr; durch ständige
Veränderung im Kleinen, immer und immer und immer wieder.
Dazu braucht man Halt, innere Sicherheit und Hilfe von außen und/oder von oben.
Diese Sicherheit stützt sich nicht auf das ‚Ich bin …‘ und ‚Ich habe …‘ oder ‚Ich bleibe
lieber …‘, sondern auf ein: ‚Ich werde, was ich noch nicht bin‘; auf das: ‚Ich entwickele
mich weiter, zum Besseren!‘
Unser Körper funktioniert so. Er erneuert er sich im laufenden Betrieb. Nach und nach
werden die alten Zellen abgebaut und durch neue, frische und leistungsstarke ersetzt.
Es bricht uns kein Zacken aus der Krone, wenn wir uns (und auch anderen) eingestehen,
dass wir uns immer wieder irren. Irren ist eben menschlich. Jeder irrt sich, immer
wieder. Und, es ist nicht schlimm. Das ist normal. Keiner ist perfekt oder unfehlbar.
Das ist gut so. Das ist antreibend und belebend. Ständige Korrektur ist Entwicklung, ist
ständiges Wachstum. Es ist wie das Schleifen eines Rohdiamanten zur vollen Brillanz.
Es bedeutet Reifung und Vervollkommnung.
Sich nicht zu korrigieren oder korrigieren zu lassen, wäre verbohrte Sturheit, vielleicht
auch hemmender Stolz und blinder Hochmut, bestimmt aber kurzsichtige Dummheit.
Glücklich ist nur der, der in seinem Denken jung und realistisch ist und bleibt, der
ständige Veränderung akzeptiert und begrüßt, der in Allem mit sich und seiner
Umgebung im Reinen ist!
Also: Denke nie, ‚richtig‘ zu denken, denn jeder Gedanke ist nur ein Versuch, das
Richtige zu finden! Und bedenke: Jedes Wissen ist immer nur eine mehr oder weniger
große Ansammlung von bisher gefundenen Körnchen. Weisheit aber ist zu wissen, dass
man im Grunde nichts weiß.
Die Bibel sagt dazu:
Wer weise ist, der höre zu und wachse an Weisheit, und wer verständig ist, der lasse sich
raten (Spr 1,5;L)
Wer sich auf seinen Verstand verlässt, ist ein Tor; wer aber in der Weisheit wandelt, wird
entrinnen. (Spr 28,26;L)
Gütig und aufrichtig ist der Herr. Deshalb zeigt er Menschen, die sich von ihm abgewandt
haben, den rechten Weg. Er unterweist die Demütigen in dem, was gut und richtig ist, ja,
gerade ihnen zeigt er seinen Weg. (Ps 25,8-9; NGÜ)
Da überließ ich [Gott] sie den Folgen ihres Starrsinns; sie lebten so, wie sie es selbst für
richtig hielten. (Ps 81,13; NGÜ)
Warum macht ihr euch nicht selbst klar, was ´vor Gott` richtig ist? (Lk 12,57; NGÜ)
